Eine spannende Diskussionsrunde nach Feierabend gestern in Stuttgart-Feuerbach. Sechs altgediente Kreative mit zusammen weit mehr als 100 Jahren Werbe-Erfahrung zerbrachen sich ihre Köpfe um die Nutzung religiöser Motive in der Kommunikation. Was sich zunächst trivial anhört, entpuppte sich schnell als Fass mit viel Tiefgang. Denn Religion ist überall!
Eine spannende Diskussionsrunde nach Feierabend gestern in Stuttgart-Feuerbach. Sechs altgediente Kreative mit zusammen weit mehr als 100 Jahren Werbe-Erfahrung zerbrachen sich ihre Köpfe um die Nutzung religiöser Motive in der Kommunikation. Was sich zunächst trivial anhört, entpuppte sich schnell als Fass mit viel Tiefgang. Denn Religion ist überall!
Über 600 Werbemotive mit religiöser Konnotation hat ein junger Forscher derzeit gesichtet. Religion ist aber auch in unserem Alltag gegenwärtig: Yogaübungen werden angereichert mit meditativen Momenten in einer Kirche, ein Geschenk für eine jüdische Familie in New York kommt gar nicht gut an, da auf dem Kleidungsstück ein Kreuz aufgenäht ist, der neue Maybach kommt – größer geht’s nicht – im gläsernen Sarg vom Himmel herab. Der Plot von Hollywoodfilmen, die Assoziationen mit Weihenstephaner Milch, das Auftreten von Steve Jobs: Überall finden sich die Parabeln der abrahamischen Religionen. Heiligtümer, Geschichten, Bilder die in uns viel hervorrufen.

Bedeuten sie uns nur etwas, weil die Religion sie irgendwann erfunden und „penetriert“ hat, oder sind das die Urmuster unserer Existenz, die einfach in uns sind? Es lässt sich nicht beantworten, zu dicht ist der Bilderteppich in unseren Köpfen gewebt – gemacht von den Kindergeschichten bis zum Religionsunterricht. Wir bekommen sie nicht mehr heraus, und vielleicht ist das auch gut so.
Können diese Bilder systematisch von Werbung und Kommunikation genutzt werden? Ja. Doch zur Beruhigung: Sie werden viel weniger systematisch genutzt, als manch ein Konsumkritiker glaubt. Denn Werber und Kommunikatoren sind auch nur Opfer ihrer eigenen Bilder und immer auf der Suche nach Motiven die schnell wirken. Was liegt da näher, als die tiefverwurzelten religiösen Metaphern herauszukramen?

Eine systematische Nutzung religiöser Motive lässt sich indes insbesondere bei hochpreisigen Produkten beobachten, die durch ein Image der Unnahbarkeit, und gott- oder engelsähnlichen Inszenierungen aufgewertet werden sollen.
Die Frage stellt sich: Brauchen wir so etwas? Zum Glück müssen wir uns bei <em>faktor mit sinnfreien und überflüssigen Produkten die so etwas nötig haben nicht herumplagen. Doch machen wir uns nichts vor: auch beim Social Profit Marketing werden gerne religiöse Metaphern genutzt um Herzen und Portmonees der Menschen zu öffnen. Vielleicht sollten wir diese Mechanismen einfach noch viel bewusster einsetzen.

Ein faszinierendes Ergebnis des Brainstormings bleibt: Wir alle können derzeit nicht nicht-religiös kommunizieren. Tief sind die Bilder und Metaphern in unseren Köpfen verankert. Selbst bekennende Atheisten wissen etwas mit Engel- und Teufel-Parabeln anzufangen und gehen intuitiv mit „der Versuchung“ um. Amen.
Wie wahr: kaum ein Mensch wird sich religiös aufgeladener Werbung entziehen können, da selbst der nicht-religiöse Mensch von den religiös besonders intensiv behandelten Motiven wie gut/böse, oben/unten, erlöst/unerlöst, sinnvoll/sinnlos u. ä. betroffen ist. Erfolgreich wird die solche Motive nützende Werbung nur dann sein, wenn die Motive bei der Zielgruppe als relevant gelten. Wobei es bei solcher Werbung wohl kaum um das religiöse Thema geht, sondern einzig darum, das A der AIDA-Formel zu bedienen. Ein Teppichproduzent warb einmal mit „Die stärkste Rippe seit Adam und Eva“; das ist wenigstens originell.